Jeder Mensch erzählt und konsumiert fortwährend Geschichten, die so zu einem festen Teil des menschlichen Wesens geworden sind. Diese Tatsache nutzt internes Storytelling, um die Kommunikationen von Personen mit unterschiedlichen Hintergründen zu vereinfachen. Durch eine Geschichte als "gemeinsames Vokabular" werden so Störquellen in der Kommunikation vermindert und die Grundlage für ein offenes Gespräch geschaffen.

Der Vorteil von Storytelling ist dabei offensichtlich: Ein gutes Beispiel macht Dinge verständlicher - und somit auch einprägsamer.

Internes Storytelling im Alltag einer Internetagentur

Storytelling umfasst jedoch mehr als die Präsentation mithilfe von Beispielen. Insbesondere die Weitergabe von Wissen und Informationen ist für die Kommunikation innerhalb einer Internetagentur von hoher Bedeutung. Beispielweise müssen Wünsche des Kunden dem Projektteam vermittelt werden und Anforderungen an das Webdesign zwischen mehreren Gestaltern kommuniziert werden.

Storytelling kann diese Weitergabe von Wissen vereinfachen, indem die folgenden wichtigen Informationen in Form einer Geschichte präsentiert werden:

  • Beschreibung des Problems
  • Beschreibung der Rahmenbedingungen
  • Aufzeigen der Lösung
  • Erklärung der Lösung

Da Geschichten besser aufgenommen und schneller weitergegeben werden als abstrakte Informationen, kann internes Storytelling das Wissensmanagement stark beeinflussen und so den Workflow innerhalb einer Agentur optimieren.

Hintergrundwissen: Wissenschaftliche Untersuchung von Storytelling und den Einfluss auf die Weitergabe von Wissen. (in Englischer Sprache)

Hollywood als Vorbild für ein emotionales Webdesign: Storytelling als Weg zum gemeinsamen Ziel

Im Allgemeinen bestimmen Produktziele - Geschäftsziele, Markenidentität und Erfolgskriterien - sowie Nutzerbedürfnisse die Eigenschaften eines Webdesigns. Dabei geht jedoch häufig der Blick für die grundlegende Erfahrung verloren, die eine Webseite vermitteln soll.

In anderen Branchen steht hingegen die Gestaltung für Emotionen häufig im Vordergrund: Schriftsteller und Filmproduzenten beispielsweise entwickeln charakteristische Themen (sogenannte "Themes"), um allen Beteiligten die Erfahrung zu verdeutlichen, die ein Film dem Publikum vermitteln soll.
Bei einem Filmdreh hat somit vom Regisseur über die Maske bis zum Kameramann jeder ein Gefühl für dieses Thema. Damit ist sichergestellt, dass jeder Teil eines Films - Schauspieler, Dialog, Lichtstimmung, Musik und Szenenbild - dazu beiträgt, dem Publikum eine einheitliche, emotionale Erfahrung zu vermitteln.

Übertragen auf das Webdesign verbessert eine gemeinsame Geschichte über den Kontext und die Ziele einer Webseite also die Zusammenarbeit aller Mitarbeiter untereinander - und stellt dadurch eine einheitliche und zusammenhängende Präsentation sicher.

Bereits die Entwicklung einer solchen gemeinsamen Perspektive schafft ein natürliches Gefühl der Gemeinschaft und die Verbreitung einer solchen "funktionalen Geschichte" schafft eine angenehme Arbeitsatmosphäre und steigert die Motivation.

Vor dem Hintergrund von Webseiten wird ein solches Leitthema auch als Experience Theme bezeichnet. Ein solches Theme stimmt sowohl Webdesigner untereinander, wie auch Programmierer, Marketing-Mitarbeiter und sogar externe Teilnehmer auf ein einheitliches Ziel ein.

Im Webdesign kann ein solches Experience Theme beispielsweise in Form einer kurzen Aussage die grundlegende Erfahrung beschreiben, die eine Webseite vermitteln soll. Hilfreich für die Erstellung des Themes können dabei insbesondere Ergebnisse aus der Nutzerforschung sein - beispielsweise aus Interviews und Case Studies.

Im Gegensatz zu Geschäftszielen und Nutzerbedürfnissen stellt ein Experience Theme dabei die emotionalen Aspekte einer Webseite in den Vordergrund und gibt Antworten auf Fragen wie:

  • Wovon handelt eine Webseite?
  • Wie passt eine Webseite in den (beruflichen oder privaten) Alltag eines Besuchers?
  • Auf welche Weise wird ein Besucher emotional angesprochen?

Gerade bei Webseiten, die aus verschiedensten gestalterischen und technischen Elementen bestehen, hilft ein Experience Theme, den Sinn (und Unsinn) einzelner Komponenten an einer formulierten Aussage zu messen.

Sollte ein grafisches Element im Webdesign im Widerspruch zum formulierten Experience Theme stehen, muss es gestrichen werden.
Ein anderes Element, das dem Nutzer hingegen die Interaktion mit dem grundlegenden Thema der Webseite ermöglicht, hat eine hohe Priorität.

Ein Experience Theme kann folglich als Werkzeug des internen Storytellings die User Experience eines Produktes maßgeblich beeinflussen, indem es sicherstellt, dass die verschiedenen Elemente eines Produktes auf ein einheitliches Ziel (nämlich auf das formulierte Experience Theme) ausgerichtet sind.

Die unterschiedlichen Elemente einer Webseite.
BereichElemente der Webseite
Kreativabteilungvisuelles Design, Webdesign
MarketingText, Vertriebskanäle
Unternehmeninformativer Inhalt
InformationsarchitekturNavigation und Seitenayout
Interaktionsdesigninteraktive Elemente, Arbeitsabläufe
Externe UnternehmenAnimationen, Musik, Multimedia
ProgrammiererFunktionalität, Feedback

Verständnis des Nutzers: Konkrete Werkzeuge

Sowohl die Konzeption und das Webdesign einer Webseite, wie auch die Programmierung und schließlich das Online-Marketing einer Webseite gründen auf einem guten Verständnis des Nutzers. Internes Storytelling bietet - neben den bereits vorgestellten Experience Themes - eine Vielzahl von Werkzeugen, um die Ziele und Wünsche einer definierten Zielgruppe zu verstehen und somit eine sinnvolle und nützliche Webseite zu erstellen.

Die im Folgenden vorgestellten Techniken nutzen insbesondere die Tatsache, dass Daten und Statistiken versändlicher und einprägsamer sind, wenn sie in Form von Geschichten präsentiert werden.

Protagonisten einer Geschichte: Personas im Webdesign

Personas bezeichnen in einem narrativen Format präsentierte Modelle von Nutzern eines Produktes. Eine Persona beschreibt einen fiktiven Charakter, der die Bedürfnisse einer ganzen Reihe echter Nutzer repräsentieren kann und somit hilt, die Funktionen und das Verhalten einer Webseite zu definieren.

Durch ihre narrative Form decken Personas im Gegensatz zu reinen Daten (wie Statistiken) interne Konflikte eines Nutzers auf und machen deren Entscheidungen nachvollziehbarer.

Eine Persona beschreibt Eigenschaften eines Nutzers wie

  • demographische Merkmale,
  • Motivation, ein Produkt zu nutzen (Bedürfnisse und Ziele),
  • Arbeitsumgebung,
  • persönliche Gewohnheiten und Vorlieben,
  • Vorkenntnisse und Fähigkeiten.
Eine Persona charakterisiert eine typische Nutzergruppe einer Webseite.
Eine Persona für einen fiktiven Nutzer eines Online-Shops für Baumarktartikel.

Abenteuer und Episoden: Szenarien im Webdesign

Szenarien sind kurze, einfache Geschichten, die beschreiben, wie eine Persona versucht, ihre Nutzerbedürfnisse zu erfüllen. Sie kombinieren den Nutzer, seine Arbeit und das Umfeld, um Eigenschaften zu bestimmen, über die eine Webseite verfügen muss.

Die lebendige Präsentation von Personen, Orten und Handlung führen zu einem sehr konkreten Verständnis darüber, was Nutzer an einer Webseite zu schätzen wissen und was sie benötigen, um ihr Ziel zu erreichen.

Ein Szenario zeigt die einzelnen Vorgänge während der Benutzung einer Webseite.
Ein Szenario zeigt die einzelnen Vorgänge während der Benutzung einer Webseite.

Ohne Worte: Storyboards als visuelle Präsentation einer Webseite im Einsatz

Storyboards kommunizieren die verschiedenen Schritte einer User Experience visuell und stellen eine Erweiterung zu schriftlich verfassten Szenarien dar. Im Gegensatz zu Wireframes und Prototypen, die nur Vorgänge auf dem Bildschirm abbilden, ermöglichen Storyboards dabei die Diskussion über den Kontext, in dem eine Webseite verwendet wird. Sie verdeutlichen die Beziehung zwischen dem Nutzer und einer Webseite und zeigen, wie ein gutes Webdesign die Bedürfnisse eines Nutzers befriedigt.

Gerade in einem Webdesign-Team ist die Tatsache nützlich, dass Storyboards in der Regel aus Skizzen ohne viel Text bestehen und so auch von Personen verstanden werden, die eine andere (Fach-)Sprache sprechen.

Ein Storyboard gibt einen Einblick auf die Bedeutung einer Webseite für den Alltag eines Nutzers.
Ein Storyboard zeigt die Integration der Webseite in den Alltag eines Nutzers.

Kurz und klar: User Stories als präzise Formulierung von Anforderungen an das Webdesign

User Stories verfolgen den Ansatz, Informationen so früh wie möglich zu beschaffen und Entscheidungen über die Gesamtdauer eines Projektes zu treffen.
Vor dem Hintergrund von Webseiten bietet die Formulierung in User Stories die Möglichkeit, aus den entwickelten Personas, Szenarien und Storyboards klare Anforderungen abzuleiten. Eine solche Anforderung wird in ein bis zwei Sätzen konkret formuliert und definiert ein klares und greifbares Ziel eines Nutzers.

Drei Beispiele für User Stories, abgeleitet aus einer Persona und einem Szenario (s. oben).
User Stories
Als Nutzer will ich Artikel direkt suchen können, damit ich mich nicht durch lange Listen suchen muss.
Als Nutzer will ich aus verschiedenen Versandoptionen wählen, damit ich die die Lieferung genau dann erhalte, wenn ich sie brauche.
Als Nutzer möchte ich eine Bestätigung meiner Bestellung, damit ich mir sicher sein kann, dass alles wie erwartet funktioniert.

Zusammenfassung: Effektiveres Webdesign durch ein besseres Verständnis von Produkt und Nutzer

In diesem Artikel haben wir insbesondere folgende Einflüsse von internem Storytelling im Webdesign festgestellt:

  • Storytelling verbessert die Kommunikation vor, während und nach einem Webdesign-Projekt und hilft, Personen verschiedener Branchen eine gemeinsame Sprache zu sprechen.
  • Storytelling stellt eine konsistente Ausrichtung von Eigenschaften einer Webseite von der Konzeption über das Webdesign und die Programmierung bis hin zum Online-Marketing sicher.
  • Storytelling hilft, den tatsächlichen Nutzer einer Webseite besser zu verstehen und so ein effektiveres Webdesign zu entwickeln.

Als kreatives Werkzeug sind insbesondere Experience Themes als Erweiterung von Produktzielen und Nutzerbedürfnissen hervorzuheben.

Personas, Szenarien, Storyboards und User Stories ermöglichen schließlich die Integration von Geschichten in praktische Arbeitsabläufe.

So geht es weiter: Externes Storytelling im Webdesign

Nächsten Monat werden wir den Einsatz von externem Storytelling als Werkzeug für ein emotionales Erlebnis untersuchen. Dabei werden wir sowohl die grundlegenden Regeln für eine gute Geschichte vorstellen, wie auch konkrete Beispiele von “Marketinggeschichten” im Webdesign präsentieren.

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